Das Rasterelektronenmikroskop und sein Einsatz in der Mineralogie
Die EDX-Analyse
Lit.:
1.) Raber, Th. (1996): Mineralbestimmung per REM und EDX-Analyse. LAPIS 21, H. 12, 21-25.
2.) Rasterelektronenmikroskop (wikipedia)
3.) Rasterelektronenmikroskop von T. Ludwig
Nahezu jeder Mineraliensammler stellt(e) gelegentlich bei seinen Funden fest, dass sich die Bestimmung eines Erzes bzw. Sekundärminerals mit den bekannten Bestimmungshilfen nicht oder kaum durchführen läßt. Dies gilt in erster Linie für Mineralien im Micromount-Format. Außer der Farbe und dem Glanz können eventuell der Habitus und die Tracht zu einer eingeschränkten Bestimmung beitragen. In wenigen Fällen läßt sich das Mineral auch einer bestimmten Kristallklasse zuordnen. Dies gelingt aber nur einigen routinierten Sammlern. Auch durch die genaue Beobachtung der Paragenese (Mineralgesellschaft) können einige ähnlich ausgebildete Mineralien ausgeschlossen werden. Eine eindeutige Zuordnung läßt sich letztendlich dadurch nicht erreichen. Hier helfen nur komplexe Analyseverfahren weiter.
Versucht man sich über diese modernen Analysenmethoden in der Mineralogie zu informieren, finden sich zahlreiche, zum großen Teil umfangreiche Internetseiten mit anschaulichen Abbildungen über eine komplexe Technik, mit der z. Beispiel die Elementzusammensetzung eines Minerals ohne großen Zeitaufwand festgestellt werden kann. Diese Technik ist mit einem Rasterelektronenmikroskop (REM) zu erreichen, das für die Röntgenanalyse mit speziellen Detektoren ausgestattet und auch unter dem Begriff Elektronenstrahlmikrosonde bekannt ist.
Kurzer geschichtlicher Exkurs
Hier soll versucht werden, die Technik und Methodik dieses Analyseverfahrens in einfacher und verständlicher Form darzustellen. Die Grundlagen zu dieser Technik wurden bereits in den 1920er Jahren gelegt, als man feststellte, dass man Elektronen (e- = ß-Strahlung) durch ein Magnetfeld ablenken konnte. In einer WILSONschen Nebelkammer konnte man die ß-Strahlenbahnen unter der Einwirkung eines Magnetfeldes sogar sichtbar machen. Bei dieser Nebelkammer wird ein mit Wasserdampf gesättigtes Volumen plötzlich entspannt. Von einem radioaktiven Präparat gehen sogleich charakteristische Nebelbahnen aus. Dies gilt auch für Alpha-Strahlung = Helium-Kerne, die sich jedoch nicht von einem Magnetfeld ablenken lassen. Hans Busch entdeckte 1925, dass man ein Magnetfeld auch als Elektronenlinse verwenden kann, die wie eine Glaslinse die Elektronen auf einen Punkt bündelt. Anfang der 1930er Jahre entwickelten Ernst Ruska, Max Knoll und Manfred von Ardenne in ihrem Hochspannungslabor bei Siemens+Halske in Berlin quasi als Nebenprodukt ein Gerät, das dünne Objekte durchstrahlen, jedoch nur in einem Punkt abbilden konnte. Es war ein so genanntes Durchstrahlungs -bzw. Transmissions-Elektronenmikroskop. Die Weiterentwicklung zu einem hochauflösenden Rasterelektronenmikroskop (REM), das auch Oberflächen in einem Abtastverfahren abbildet, gelang M. von Ardenne 1937. Das erste kommerzielle REM (Stereoscan) entwickelte 1965 die Cambridge Scientific Instruments Company.
Abb. 1 Älteres Rasterelektronenmikroskop des Physikalischen Instituts der UNI Karlsruhe (TH), Aufnahme Brill, 1974.
In der Abb.1 erkennt man links die kurze Säule der Elektronenkanone mit der Probenkammer im unteren Teil der Säule. Rechts daneben die noch massive Steuerungseinheit mit einer angesetzten Spiegelreflex-Kamera vor einem kleinen Monitor.
Genereller Aufbau der Säule
Die Säule arbeitet nur unter Hochvakuum. Als Elektronenquelle wird eine Glühkathode aus Wolframdraht oder ein Kristall aus Lanthanhexaborid (LaB6) verwendet. Durch Erhitzung werden Elektronen erzeugt, die in einem elektrischen Feld mit einer Spannung von 8-30 kV (Kilovolt) in Richtung einer Ring-Anode beschleunigt werden. Die durchtretenden Elektronen (Primärelektronenstrahl) werden durch Blenden und "Kondensor-Magnetlinsen" zu einem scharfen Strahl gebündelt, der auf die Probenoberfläche trifft. Der Strahl wird in einer Rasterabtastung über die Probe geführt. Dort treten verschiedene Wechselwirkungen zwischen Probe und Elektronen ein (siehe unten). Dies kann aber nur dann erfolgen, wenn die Oberfläche der Probe elektrisch leitend gemacht wurde, falls sie es noch nicht ist (siehe biologische Proben). Hierzu muss die Probe in einem speziellen Verfahren mit Gold bzw. Platin bedampft werden.
Wie entsteht ein REM-Bild ?
Als reflektierte Strahlung sind sekundäre Elektronen (SE) zu nennen, die in einem speziellen Detektor (SE-Detektor) innerhalb der Säule registriert werden. Sie bilden die Signalantwort, die in digitale Werte umgewandelt und verstärkt werden. Es entsteht dadurch eine Grauwertinformation, die auf einem Bildschirm (Monitor) sichtbar gemacht wird. Es entsteht also ein gerastertes Bild aus Grautönen. Diese Grauwerte stehen mit der Streuung der Elektronen an der Probenoberfläche in direktem Zusammenhang: hohe Detektion (zum Detektor hin gewandt) = helle Flächen, geringe Detektion = graue Flächen, keine Detektion (Totalreflexion) = schwarze Fläche. Man nennt diesen Bezug auch Flächenneigungskontrast. Somit entsteht ein Bild extrem hoher Auflösung (in nm), die auch durch die stufenlose Vergrößerung (bis zu 50.000 -fach) beibehalten werden kann. Insofern ist sie der Auflösung durch ein Lichtmikroskop (in Abhängigkeit von der Wellenlänge des eingesetzten Lichtes), die bei maximal 250 nm (Nanometer) liegt, haushoch überlegen. Zwei Nachteile des REM sind (neben dem hohen Anschaffungspreis) allerdings in Kauf zu nehmen, erstens sind nur tote bzw. feste (kristalline) Proben zu beobachten und zweitens ist das Bild ausschließlich nur schwarz/weiß, da Elektronen bekanntlich keine Farbe abbilden können. Bestimmte Bildteile können anschließend digital eingefärbt werden.
Abb. 2
Annabergit-Aggregat aus winzigen Kristallen, Friedrich-August-Grube Horbach bei St. Blasien. REM-Aufnahme, mit freundlicher Genehmigung G. Blaß, Eschweiler. Siehe auch Artikel im Erzgräber Jg. 27, H.1, 1-42.
Die Abbildung 3 zeigt ein modernes REM, das für die Elementanalyse eingesetzt wird. Auffallend ist, dass die frühere Steuereinheit durch die Digitalisierung und durch den PC- Einsatz überflüssig wurde. Das Bild wird nur noch von der Säule und den Monitoren bestimmt. Links neben der Säule erkennt man den EDS-Detektor. Die anderen Detektoren sind verdeckt.
Abb. 3 wurde aus urheberrechtlichen Gründen gelöscht
Die digitalen Bilder haben eine Größe von 1024x768 Pixeln (dies entspricht der XGA-Auflösung eines Beamers). Die minimalste Auflösung des Gerätes liegt bei < als 5 nm (1 Nanometer = 1 millionstel Millimeter). Das schematische Bauprinzip eines solchen Gerätes wird in der Abb. 4 verdeutlicht.
Abb. 4 wurde aus urheberrechtlichen Gründen gelöscht
Die Kondensorlinsen (Magnetfelder) entsprechen dem optischen System eines Lichtmikroskops. Für die Bestimmung der Zusammensetzung eines Minerals werden verschiedene Detektoren benötigt, um die verschiedenen Signalarten (Strahlungsarten), die beim Beschuss mit Elektronen entstehen (Abb. 5), zu erfassen. Durch den Primär-Elektronenstrahl entstehen nicht nur Sekundärelektronen (SE- siehe oben), sondern auch eine charakteristische Röntgenstrahlung, eine Röntgenbremsstrahlung, gebeugte Elektronen und es werden bestimmte Elektronen zurück gestreut (back scattered electrons, BSE). Die BSE besitzen nur eine geringe Energie und stammen ebenfalls nur von der Oberfläche des bestrahlten Objektes. Die Wechselwirkungen eines Primärelektronenstrahls mit einer Probe zeigt die Abbildung 5.
Abb. 5
Was ist eine EDX (EDS) ?
Für unsere Betrachtung spielen neben den Sekundärelektronen, die für das bildgebende Verfahren verantwortlich sind (siehe oben), v.a. die charakteristische Röntgenstrahlung die entscheidende Rolle. Sie ist für die Erkennung der Elemente, aus der die Probe besteht, "zuständig". Jedes (detektierbare) Element besitzt quasi einen typischen "Fingerabdruck", den es festzustellen gilt. Dieser "Fingerabdruck" hängt mit dem atomaren Aufbau des Elementes zusammen. Hier spielen ausschließlich die Elektronen eine Rolle, die den positiven Kern in unvorstellbarer Geschwindigkeit umkreisen, so dass man sie als "Elektronenwolke" beschreiben kann. Diese "Wolke" enthält unterschiedliche Energieniveaus oder einfacher ausgedrückt, zahlreiche "Energie-/Elektronenschalen". Diese Energie nimmt von innen (innere Schale) nach außen (äußere Schale) zu. Diese (negativ geladene) "Elektronenwolke" wird von ebenfalls negativ geladenen Elektronen des Primärstrahls beschossen. Wir wissen aber, dass sich gleiche Ladungen abstoßen. Dass dennoch (eine) Wechselwirkungen eintritt/eintreten , liegt an der hohen Energie der Elektronen des Primärstrahls. So ist es möglich, Elektronen einer bestimmten Energie (eines bestimmten Energieniveaus) aus ihrer Bahn (Elektronenschale) herauszuschlagen. Diese entstandene(n) Fehlstelle(n) wird/ werden von Elektronen eines höheren Energieniveaus aufgefüllt, die den Platz mit dem niedrigeren Energieniveau einnehmen. Die Energiedifferenz beider Energieniveaus muss "beglichen" werden, indem eine elementspezifische Röntgenstrahlung auftritt (Abb. 6).
Abb. 6
Wechselwirkung I: (1) Primärstzrahl trifft Elektron (niederer Energie), (2) herausgeschlagenes Elektron, (3) Elektron höherer Energie nimmt Fehlstelle ein, (4) Energiedifferenz in Form einer charakteristischen Röntgenstrahlung.
Neben der beschriebenen Wechselwirkung tritt auch noch eine zweite Reaktion auf, die aber keine verwertbare Information liefert: es ist eine Röntgenbremsstrahlung, die quasi als "Hintergrundstrahlung" auftritt und durch das Abbremsen von Elektronen im Bereich des positiven Atomkerns entsteht. Sie muss elektronisch aus dem charakteristischen Röntgenspektrum der Wechselwirkung I herausgerechnet werden. Die Abkürzung EDX steht für "energiedispersive Röntgenspektroskopie" (=EDS) oder engl. energy dispersive X-ray spectroscopy und drückt die Feststellung aus, dass jedes (detektierbare) Element durch den Beschuss von Elektronen charakteristische (elementspezifische) Röntgenstrahlung unterschiedlicher Energien erzeugt, die aus der Besetzung von Fehlstellen durch Elektronen aus unterschiedlichen höheren Energieniveaus stammen.
Die Röntgenstrahlung wird meist über einen so genannten SDD-Detektor (Siliziumdriftdetektor) erfasst (siehe Abb. 3), der die eingetretene Energie absorbiert und den dadurch entstehenden "Elektronenstrom" misst.
Artikel wird fortgesetzt.