Die Steine in der Kaiserkrone des hl. römischen Reichs
deutscher Nation.
…...Wer nun auch immer in Reichsfragen unschlüssig
ist,
der
achte darauf, wem der Waise über seinem
Nacken steht:
der Stein ist
aller Fürsten Leitstern.
Walther von der Vogelweide
Die Kaiserkrone des hl.römischen Reichs deutscher Nation ist in der Wiener Schatzkammer aufbewahrt. Hergestellt wurde sie 960 unter Otto I oder1030 unter KonradII in Byzanz, Konstantinopel.
Heute fehlt der prominenteste Edelstein des
Mittelalters, der sogenannte Waise (lateinisch orphanus). Dieser war vermutlich ein großer Opal oder Karfunkelstein, also handelte es sich entweder um einen milchig-weißen oder einen intensiv roten
Edelstein.
Der große weiße Stein, der aus
der Krone entfernt wurde , wurde durch einen für die runde Fassung zu kleinen, dreiseitigen,
grauvioletten durchbohrten Saphir, also durch einen einem Kettenschmuck entnommenen Stein ersetzt. Offenbar hatte man damals, als der „Weise" entfernt wurde, keinen passenden
Stein gehabt. Insgesamt tragen die 8 Platten der Krone 3 große , 13 große und
50 kleine Saphire, 5 große und 2 kleine smaragdfarbene
Prasemsteine, 3 große und 31 kleine Granaten, 8 Amethyste, einen Hyazinthen und über 100 Perlen. 3 Saphire sind durchbohrt, also für entnommene oder verlorene
Steine eingesetzt.
Der gar nicht in die Steingesellschaft der Kaiserkrone passende Hyazinth ist für einen bei der Krönung Joseph s II. verlorenen Stein in der 5. Platte eingesetzt worden, ein Zeichen dafür, dass die Schatzkammern des oströmischen Kaisers im 10. Jahrhundert wesentlich reicher waren an verschiedenen kostbaren Edelsteinen als die Schatzkammern der Habsburger im 18. Jahrhundert.
Der Steinschmuck ist offenbar sorgfältig ausgewählt. Wohl waren zur Zeit des älteren Plinius Diamanten, Perlen, Smaragde und Opale die kostbarsten Steine, aber in Indien galten Perlen, Rubine, Smaragde und Saphire als am wertvollsten. Eine persische Rangordnung aus dem 13. Jahrhundert stellte den Diamanten den Perlen, Rubinen und Smaragden nach. Feine Amethyste und Opale wurden im Mittelalter den Diamanten gleich geachtet, zumal vor 1456 zwar Diamanten poliert, aber nicht facettiert wurden. Bis dahin war der farblose und nur durch seine Härte überragende Diamant den farbigen Edelsteinen gegenüber unscheinbar.
Das europäische Mittelalter des 10. Jahrhunderts war, wenn wir von Byzanz, Venedig und dem mohammedanischen Sizilien und Spanien absehen, überaus arm an kostbaren Steinen und Gold.
Die Art der an der Krone verwandten Steine, vor allem die zahlreichen Saphire, Balasrubine (blaßroten Spinelle) und Granaten, wahrscheinlich auch der „Waise" (Mondstein, Ceylonopal) können nur aus den berühmten Edelsteinseifen Ceylons stammen. In diesen finden sich auch die schönsten Amethyste. Auch der im Mittelalter als kostbarster Edelstein der Welt betrachtete „Rubin des Schwarzen Prinzen" im englischen Kronschatz hat sich als ein aus Ceylon stammender roter Spinell erwiesen.
Um böhmische Granaten (Pyrope) kann es sich bei den Steinen der Krone nicht handeln, vielleicht mit Ausnahme des in die Stirnplatte für eine verlorene Perle eingesetzten Granaten, da die böhmischen Steine nicht natürlich gerundet, sondern fast allgemein körnig u. eckig sind.
Nehmen wir dazu die wahrscheinlich aus dem Persischen Golf stammenden Perlen, so können wir sagen, dass um 960 kein europäisches Herrscherhaus, außer dem byzantinischen, über solche Schätze verfügte, und dass nur der oströmische Kaiser in der Lage war, eine so reiche Krone Otto I., und damit Otto II. und seiner Tochter, der Kaiserin Theophano, zu schenken.
Quelle:Naturwissenschaftlicher Verein Kärnten